Rede von Wolf Hoffmann zum Haushalt 2020 des Kreistags Freudenstadt

(Es gilt das gesprochene Wort)

Meine Damen und Herren, sehr geehrter Herr Landrat Dr. Rückert

Sieben Fraktionen im Kreistag, da möchte ich mich aus Zeitgründen heute auf das Notwendigste beschränken.

Das Wenige, was wir tun können, ist viel. Wir retten Venedig nicht vor dem Untergang und die Arktis nicht vor rasanter Eisschmelze. Wer aber vor sich selbst verstärkenden Mechanismen im Klimageschehen – sogenannten „turning points“ – die Augen verschließt, der ist verantwortlich, wenn die harten Fakten des Klimawandels unsere Existenz und die Zukunft unserer Kinder bedrohen. Die Folgen des Klimawandels treten auch bei uns deutlich zu Tage: Die Erhöhung der durchschnittlichen Temperatur in Deutschland um 0,3 Grad in nur fünf Jahren ist alarmierend. Der Monitoringbericht des Umweltbundesamtes belegt: Die Zukunft hat uns bereits erreicht. Deutschland steckt mittendrin in der Erderhitzung mit weitreichenden Folgen für Umwelt, Gesellschaft und Gesundheit. Es muss dringend vorgesorgt werden, um diesen Folgen zu begegnen. Laut dem Bericht sind im Jahr 2003 7.500 Menschen mehr gestorben als ohne Hitzeperiode zu erwarten gewesen wäre. In den Jahren 2006 und 2015 gab es jeweils 6.000 zusätzliche Todesfälle. Niedrigwasserstände in Flüssen beeinträchtigen die Ökosysteme, führen zu eingeschränkter Schifffahrt und gefährden die Versorgung von Kraftwerken und Industrie mit Kühlwasser. Auch Land- und Fortwirtschaft sind betroffen. So stieg die Dauer der Vegetationsperiode von 222 Tagen (1951-1981) auf 232 Tage (1988-2017). Die Folgen der Erderwärmung treffen auch die Wirtschaft, denn diese ist abhängig von funktionierenden Straßen, Häfen oder Wasserwegen. Diese Infrastrukturen werden vor allem durch extreme Wetterereignisse wie Stürme und Starkregen geschädigt. Im Jahr 2018 entstanden so zum Beispiel an Häusern, Kraftfahrzeugen, Hausrat, Gewerbe, Industrie und Landwirtschaft Versicherungsschäden in Höhe von etwa 3,1 Milliarden Euro.

Deshalb sollten wir unser politisches Handeln auch im Landkreis Freudenstadt vor diesem Hintergrund sehen. Dem Dialog mit dem Bürger ist dabei eine hohe Priorität einzuräumen.

ÖPNV

Schon lange mahnen die Grünen eine Neuausrichtung und Verbesserung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) an. Die bereits beschlossenen Maßnahmen sind ein Schritt in die richtige Richtung, brauchen aber Zeit. Wir hoffen, dass bei weiteren Entscheidungen mutige Verbesserungen kein Tabu sein werden. Das Verhältnis der Aufwendungen aus Eigenmitteln für Straßen zum ÖPNV hat (in Mio.€) das Verhältnis 4 zu 1. Angesichts der Tatsache, dass der Kreis einer derjenigen im Land ist, der am wenigsten für den ÖPNV ausgibt, muss der Finanzierungsanteil des Kreises in Zukunft deutlich steigen. Das Land geht dabei mit der finanziellen Förderung von Buslinien im Zuge des Verkehrskonzepts Nationalpark voraus. Lösungswege für die Verkehrsentwicklung auf der Schwarzwaldhochstraße müssen dabei genau im Blick bleiben.

Der Kreis seinerseits hat die Pflicht, auch in der Fläche Verbesserungen anzubieten und der Bürger will mit Recht sofortige Verbesserungen spüren.

Deshalb fordern wir ein Maßnahmenpaket für kurzfristige Angebote aufzulegen.

Wir stellen den Antrag, im Frühjahr dazu Vorschläge zu unterbreiten und dafür im Haushalt dafür 300 000€ bereitzustellen.

Möglich wären:

Eigene Zusatzangebote zur Stärkung des ÖPNV Nationalparkkonzepts, Angebote für die Fahrradmitnahme im Sommer, die Ausweitung des Ruftaxiangebots, die Erweiterung des Anspruchs auf Freizeit-Schülerangebote auch für Schüler, die kein Busticket haben, da sie 3km und weniger vom Schulort entfernt wohnen, sowie Fahrpreisermäßigungen für Bedürftige, Senioren und Familien.

Das bereits vorgesehene Jobticket für Mitarbeiter des Landratsamtes muss bei den Mitarbeitern der KLF besser bekannt gemacht werden.

Krankenhaus

Vehement haben wir uns in den letzten fünf Jahren für die Pflicht des Landkreises ausgesprochen, die Gesundheitsversorgung in öffentlicher Hand zu belassen. Der Teilneubau des Krankenhauses ist deshalb ein großer Schritt, der den Kreis an die finanziellen Grenzen seiner Leistungsfähigkeit bringt.

Wir sind dabei vom Land sehr großzügig unterstützt worden.

(Deshalb sollte trotz hoher Investitionen im Haushalt auch für den ÖPNV deutlich mehr übrig sein).

Dieses Haus ist unser Haus und wir sind stolz darauf. Verbesserungsvorschläge sind bei allen Beteiligten stets willkommen. Kritik an der Geschäftsführung muss sachlich geführt werden. Es gibt Beispiele für übertriebene finanzielle Sanierungen durch Geschäftsführer, die in einem Scherbenhaufen bei Personal, Patientenzufriedenheit und Zukunftsfähigkeit eines Hauses endeten. Das wollen wir nicht. Natürlich muss der Verlust der KLF von fast 6 Mio € sinken. Wir müssen uns aber leider auf dauerhafte Zuschusszahlungen einstellen. Die Bundesregierung muss endlich Gesetze erlassen, die eine schwarze Null möglich machen. Im Augenblick ist dies in der Regel erst ab etwa 650 Betten möglich und wir haben 350. Zudem bleibt die Insellage unseres Haues beim Bund unberücksichtigt. Wirtschaftlicher Druck entsteht zudem durch unzureichende Entlohnung von vielen Leistungen der Klinik, wie beispielsweise in der Kinderheilkunde. Um so bedeutender, dass das Land uns eine helfende Hand ausgestreckt hat.

Investitionen und schnelles Internet

18,79 Mio € mehr an Schlüsselzuweisungen vom Land und trotzdem ein Sprung in der Verschuldung von 19,58 Mio 2018 auf 75,41 Mio in 2021. Die Investitionen in den Teilneubau des Krankenhauses und das Glasfaser-Backbone- Netz sind heftig, aber als Zukunftsvorsorge notwendig und unbestritten.

Der Haushalt 2020 beruht allerdings auf der aktuell sehr günstigen Konjunktur verbunden mit hohen Steuereinnahmen und niedrigen Zinsen. Doch das wird nicht so bleiben. Wir müssen uns schon jetzt auf eine andere Situation einstellen, die die Kommunen über die Kreisumlage treffen wird. Rituale wie der alljährliche Kampf der „Sumo-Ringer“ Freie Wähler und CDU, wie man aus dem Haushalt noch etwas rausquetschen kann, sind deshalb fehl am Platze. Der Haushalt muss im Sinne zukünftiger Generationen nachhaltig sein. Wenn hohe Nettoinvestitionen voll fremdfinanziert werden müssen, dann befinden wir uns im Grenzbereich des Möglichen.

Nachhaltigkeit

Nachaltigkeit ist uns ein wichtiges Anliegen. Wir begrüßen daher ausdrücklich die Einrichtung eines Nachhaltigkeitsbeirats für den Kreis. Insbesondere die energetische Sanierung der kreiseigenen Immobilien ist für uns ein wichtiges Arbeitsfeld. Das energiepoltische Arbeitsprogramm des Landkreises Freudenstadt muss wesentlich beschleunigt und intensiviert werden.

Wir stellen den Antrag, dass der Kreis eine Übersicht notwendiger energetischer Sanierungen von Kreisgebäuden und ihre Kosten erstellt und im Jahr 2020 ähnlich dem Kreisstraßendringlichkeitsprogramm dazu ein Maßnahmenpaket beschließt.

Die Müllgebühren werden steigen – nicht, weil wir schlecht gewirtschaftet haben – sondern, weil die Kosten für die Müllbeseitigung enorm gestiegen sind. Unbegrenztes Wachstum kann es nicht geben. Anstelle von Konsumfreude sollten wir uns weiter darauf konzentrieren Abfälle zu vermeiden. Aufklärungsaktionen können dafür ein wichtiges Mittel sein. Nur mit dem Bürger kommen wir zum Ziel.

Wir begrüßen die gute finanzielle Ausstattung unserer Schulen. Das ist Daseinsvorsorge des Kreises, die vorbildlich ist. Wir bedanken uns ausdrücklich für den hohen Arbeitseinsatz von Herrn Haller und seinem Team. Die Zahl der Computer/Tablets an den beruflichen Schulen wird sich innerhalb kürzester Zeit verdoppeln. Was nützen Computer und Laptops, wenn sie wegen mangelnder Wartung nicht genutzt werden können.

Wir bitten deshalb eine angemessene Anhebung der Stellen des entsprechenden Haushaltstitels zu prüfen.

Mit dem Hochschulcampus in Freudenstadt machen wir einen weiteren Schritt nach vorne, der genutzt werden sollte, um uns zukunftsfähig zu machen und Ökonomie und Ökologie zu versöhnen.

Der soziale Wohnungsbau unterliegt harten ökonomischen Fakten.Er ist aber gleichzeitig Prüfstein für den sozialen Frieden im Land. Gelingen Verbesserungen hier nicht, muss über den Einsatz von Eigenmitteln des Kreises nachgedacht werden.

Wegen der Kürze der Ausführungen verweise ich im Übrigen auf frühere Stellungnahmen unserer Fraktion. Dies stellt in keiner Weise eine Minderung der Bedeutung weiterer wichtiger Themen dar.

Wir danken Ihnen Herr Landrat Dr. Rückert und Ihrem Team, insbesondere Herrn Bischof, für die Erstellung dieses Haushalts.

Wolf Hoffmann

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