Solaranlagen erleben einen Boom, besonders die sogenannten Balkonkraftwerke sind nun überall zu sehen. Diesen Trend hat der Freudenstädter Kreisverband der Grünen aufgegriffen und zu einem Fachvortrag ins Hotel Waldlust eingeladen.
Der große Saal war der einzig beheizte Raum im ganzen Hotel, er war dicht besetzt, das Interesse war erneut riesig. Schon einmal – im November 2023 – hatte auf Einladung der Grünen im Kreis Sebastian Müller, Vorstand des Freiburger Vereins Balkon Solar, über die Möglichkeiten der Steckerkraftwerke informiert.
Aktuell seien 865.118 Anlagen unter 2 KWh angemeldet, Müller schätzt den realen Bestand auf das Zwei- bis Vierfache. Sebastian Müller brennt für dieses Thema, hat natürlich selbst ein Balkonsolargerät und berichtet über langjährige Erfahrungen. „In dieser Legislaturperiode erleben wir den meisten Zubau, dagegen sinkt die Verstromung von Kohle drastisch“, sagte Müller. Das liege vor allem daran, dass die jüngsten Maßnahmen der Bundesregierung den Ausbau wesentlich erleichtert habe, erklärte die Bundestagskandidatin Thuy Nga Trinh. Dagegen hinke der Windkraftausbau im Süden, also in Bayern und Bade-Württemberg immer noch hinterher, dabei würden sich Windkraft und Solar optimal ergänzen. Sebastian Müller sieht damit den Wirtschaftsstandort im Süden gefährdet. Denn im Norden werde mehr Strom aus erneuerbaren Quellen erzeugt als dort benötigt werde, im Süden aber zu wenig. Die mangelnden Überleitungskapazitäten verhinderten bisher einen Transfer des Überschusses aus dem Norden nach Süddeutschland. Europa habe sein Stromnetz deutlich stabilisiert, das sei eine positive Botschaft. Aus der Praxis ergeben sich immer wieder Fragen, so zum Beispiel bei Mehrfamilienhäusern. „Da dürfen Eigentümer angemessene bauliche Veränderungen verlangen, sie haben ein Recht auf den Beschluss der Eigentümerversammlung“, erläuterte Müller. Entsprechende Musterschreiben und Anträge stünden auf der Homepage des Vereins zum Download bereit.
Wenn die Balkone nach Süden, Westen oder Osten ausgerichtet seien, könne man etwa 10-25 Prozent des eigenen Stromverbrauchs selbst produzieren. Diese Anlagen würden sich in 3-7 Jahren amortisieren. Inzwischen seien auch die ersten Speicher für Balkonsolar auf dem Markt, die würden sich nach etwa 5-10 Jahren rechnen, so Müller. Ob sich eine Batterie lohnt, lautete eine Frage. „Wahrscheinlich ja, sie sind aber noch nicht wirklich ausgereift, ich würde da eher noch etwas warten“, antwortete Sebastian Müller. Auch in Gärten seien Steckersolaranlagen möglich, auf Garagen, an Zäunen, als Balkonverkleidungen. Dort seien sie sogar oft günstiger als Holzelemente.
Aus dem Publikum kamen viele weitere Fragen, zum Anmeldeprocedere, zu den Wechselrichtern, zur Cybersicherheit. Dazu riet Sebastian Müller, eigene Anlagen nicht mit dem Internet zu verbinden. Nach einer Stunde musste Müller seinen Platz am Mikrofon an Simon Hänel abgeben, den zweiten Referenten diese Abends.
Hänel ist Geschäftsführer der Firma Lizergy und Vorstandsmitglied der Bürgerenergie Schwarzwald, die 2012 gegründet wurde. Die hat aktuell 312 Mitglieder und realisiert zunehmend Großanlagen. In nahezu allen Branchen sei die eigene Stromerzeugung ein großes Thema. Da steige dann die Bürgerenergie oft ein, übernehme die Kosten für die PV-Anlage und verpachte sie dann an die Eigentümer. Bisher gab es Grenzen bei Anlagen über 10 KWh, diese seien entfallen. Dafür seien nun die Anforderungen an Großanlagen stark gestiegen, ebenso der bürokratische Aufwand. Hänel berichte vom jüngsten Großprojekt der Bürgerenergie, dem Solarpark in Dornstetten. Er entstehe auf der grünen Wiese, da seien die Baukosten deutlich günstiger, solle einmal 2,7 Millionen KWh pro Jahr erzeugen und damit 700 Haushalte versorgen. Auch Simon Hänel hatte nach seinen Ausführungen viele Fragen zu beantworten, vor allem zum Aus- oder Rückbau bestehender Dach-PV-Anlagen.
Hier kann der in der Waldlust aufgezeichnete Vortrag von Sebastian Müller noch einmal in Ruhe angesehen werden: https://www.youtube.com/watch?v=MEH1Fjr8Uvo
Und hier sind die Unterlagen mit den weiterführenden Links: Präsentation Balkonsolar 2025










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