„Aufnahme und Integration in Baden-Württemberg“
Der ehemalige Bundestagsabgeordnete und Anwalt für Ausländerrecht Memet Kiliç besuchte uns am Mittwoch, den 17. Februar 2016 in Horb.
„2015 wurden in Deutschland rund 1,1 Millionen Flüchtlinge registriert. Das sind mehr als je zuvor in der Geschichte der Bundesrepublik. Bund, Länder und Kommunen stehen vor großen humanitären, administrativen und finanziellen Herausforderungen.
Die Flüchtlingsströme reißen aber nicht ab, die Fluchtgründe mehren sich, eine europäische Solidarität fehlt. Die Kölner Silvesternacht, Terroranschläge und immer neue „Asylpakete“ kumulieren sich in den Köpfen der Menschen, verunsichern sie und machen ratlos. In dieser Atmosphäre schaukeln sich Radikale gegenseitig hoch und gefährden die Demokratie.“
Als Vorsitzender des Bundeszuwanderugs- und Migrationsrates weiß Kiliç, wovon er spricht. Er selbst kam als 20jähriger aus der Türkei nach Deutschland. Sein Jurastudium schloss er in Heidelberg ab. Von 2009-2013 war er Bundestagsabgeordneter von Bündnis90/Die Grünen.
Für Kiliç ist es höchste Zeit, über die administrative Nothilfe hinaus sich in der deutschen Flüchtlingspolitik für ein Konzept zu entscheiden und das auch durchzusetzen.
Zu diesem hochkomplexen Thema konnten die Grünen Freudenstadt mit Memet Kilic, einen ebenso kompetenten Redner, ja Insider des Flüchtlingsthemas gewinnen.
Am 17. Februar fanden sich im Horber Kloster viele Interessierte ein und lauschten gespannt den leise gesprochenen, aber entschiedenen Aussagen des ehemaligen Bundestagsabgeordneten.
Am Beginn stand die Darstellung der baden-würtembergischen Flüchtlingspolitik durch den Landtagskandidaten Wolf Hoffmann. Als Kreispolitiker weiß er zu schätzen, dass das Land eine vorbildliche Rolle spielt. Auch Landrat Rückert und der Horber OB Rosenberger bekamen Lob wegen ihrer Aufgeschlossenheit für gute Lösungen.
Memet Kiliç stellte sich zu Beginn vor. Er war 20jährig aus der Türkei nach Deutschland gekommen, absolvierte einen 10-monatigen Intensivkurs für deutsche Sprache, um im Anschluss an der Uni Heidelberg seinen Magister im Fach Jura zu schreiben.
Kiliç war von 2009-2013 als Abgeordneter auch Mitglied in migrationspolitischen und außenpolitischen Ausschüssen, war viel auf Reisen in den Krisengebieten, kennt die Lage vor Ort und ist vor allem ein profunder Türkeibeobachter.
Zunächst zollte er der Kanzlerin, wie viele Grünenpolitiker, hohes Lob für die Grundlinie ihrer Flüchtlingspolitik. Es sei richtig, die Grenzen offen zu halten und das Mögliche zu tun. Das gleiche gälte für ganz Europa. Gleichwohl beschönigt er die Probleme und Herausforderungen in keiner Weise.
Seine klaren Forderungen für eine gute Flüchtlingspolitik heißen: Aufnahme, schnelle Bearbeitung der Anträge und humanes Handeln im Rahmen der Asylgesetze, wenn Abschiebung nötig ist. Für Bürgerkriegsflüchtlinge fordert er schnelle Eingliederung, wozu an erster Stelle das Erlernen der deutschen Sprache gehört.
In der anschließenden Diskussion spielten weniger die innenpolitischen Fragen eine Rolle als vielmehr die Bewertung der Türkei und der Möglichkeiten für eine baldige Beendigung des Syrienkrieges. Hier gab es von Kiliç entschiedene Kritik an dem Kniefall der Kanzlerin vor dem türkischen Ministerpräsidenten Erdogan. Angela Merkel sei zwar in Not, aber aus einer Position der Schwäche Erdogan zu hofieren sei genau der falsche Weg. Er selbst sei ja ein Teil des Problems und würde zukünftige Flüchtlingsströme produzieren, indem er die Kurden, seine Landsleute, bombardiert und den IS schützt.
Insgesamt eine düstere Bilanz. Trotzdem durch die Vielfalt an Informationen, die in unseren Zeitungen kaum zu finden sind, auch erhellend für so manchen Zuhörer.
Wolf Hoffmanns Fazit am Ende: „Wir leben in einer globalisierten Welt. Die Probleme in Syrien sind unsere geworden.“
Und hier das Presseecho dazu:
Schwarzwälder Bote: http://www.schwarzwaelder-bote.de/inhalt.horb-a-n-mehr-erkenntnisgewinn-als-wahlkampf.0581eec1-c11e-47cd-87df-3a47c99c0ff4.html
Südwestpresse / Neckar-Chronik: http://www.neckar-chronik.de/Nachrichten/Memet-K%C4%B1l%C4%B1c-beleuchtet-Fluechtlingsdramatik-und-Tuerkei-Politik-277306.html
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