Produktion mit Inklusion – Die Schwarzwaldwerkstatt in Dornstetten

Sara Haug besucht die Schwarzwaldwerkstatt Dornstetten und deren Inklusionsunternehmen INTRA-Mechanik

Boomende Fahrradbranche, Radwege in und um Dornstetten und gelebte Inklusion waren die Themen beim Besuch der Bundestagskandidatin Sara Haug (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) in der Schwarzwaldwerkstatt Dornstetten und dem Inklusionsunternehmen INTRA-Mechanik.

Empfangen wurde Sara Haug zunächst vom Geschäftsführer der Schwarzwaldwerkstatt Ralph Uth und dem Prokuristen Friedhelm Maier im Fahrradgeschäft „Rad und Tat“ in der Otto-Hahn-Straße. Jörg Riethmüller, der diese Abteilung leitet, kam gleich auf den auffällig leeren Verkaufsraum zu sprechen: So verzeichnet Rat & Tat eine sehr hohe Nachfrage nach Fahrrädern, die besonders durch das Leasingmodell „Jobrad“ noch verstärkt wird. Immer mehr Firmen und Behörden leasen für ihre Mitarbeiter*innen ein Fahrrad, das sie zu einem deutlich reduzierten Preis auf dem Weg zur Arbeit und auch privat nutzen können.

Rad & Tat bietet drei Menschen mit Beeinträchtigungen einen Arbeitsplatz in der Reparaturwerkstatt. Modernste hydraulische Hubeinrichtungen erleichtern die Arbeit, denn inzwischen sind rund 80% aller verkauften Räder „E-Bikes“, die deutlich mehr Gewicht auf die Waage bringen.

Besonders stolz ist Jörg Riethmüller, dass sich aus dem Konzept des inklusiven Fahrradladens inzwischen die Genossenschaft der Werkstätten das Konzept SOMO (Soziale Mobilität) entwickelt hat, die diese Idee nun auch in anderen Städten durch deren Partner umsetzt.

Bürgermeister Bernhard Haas, der es sich nicht nehmen ließ, Sara Haug bei ihrem Besuch in Dornstetten zu begleiten, würde Fahrradleasing auch für die Angestellten der Stadt befürworten. Natürlich kamen die beiden auch auf die Radwege in und um Dornstetten zu sprechen. Hier hofft Bernhard Haas auf Hilfe des Landkreises und sieht als wichtigstes Projekt die Erschließung eines Radwegs von Aach nach Glatten. Innerhalb der Stadt seien Radwege kein Thema. Einig war man sich, dass besonders E-Bikes ein erhöhtes Unfallrisiko zeigen, weshalb Jörg Riethmüller für eine Helmpflicht plädiert.

Nach dem Gespräch im Radladen besuchte Sara Haug die INTRA-Mechanik gGmbH im selben Haus. In diesem gemeinnützigen Inklusionsunternehmen der Schwarzwaldwerkstatt arbeiten fast 50 beeinträchtigte Menschen, die auf dem Ersten Arbeitsmarkt aktuell nicht unterkommen. Auch wenn manche dauerhaft bei der „INTRA“ bleiben, ist es das Ziel des Inklusionsunternehmens, Menschen für den Ersten Arbeitsmarkt zu qualifizieren. Hier sind sie sozialversicherungspflichtig angestellt, erhalten den Mindestlohn plus eine Zulage – gestaffelt nach individuell erreichten Kompetenzpunkten. Natürlich wollte Sara Haug wissen, wie sich die Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro, wie es die Grünen vorschlagen, auf die INTRA-Mechanik auswirken würde. Ralph Uth und Friedhelm Maier erläuterten daraufhin, dass die INTRA im Wettbewerb wirtschaften muss zu ausländischen Unternehmen, insbesondere in Fernost, und durch häufigere Lohnfortzahlungen im Krankheitsfall ohnehin schon hoch belastet wird. Nur wenn ein höherer Mindestlohn durch zusätzliche finanztechnische Maßnahmen begleitet wird, kann die Wirtschaftlichkeit des Inklusionsunternehmens erhalten bleiben. Beispielsweise könnte man die erhöhten Krankheitstage durch Fördermittel ausgleichen.

Weiter erkundigte sich Sara Haug, wie denn das Unternehmen die Corona-Krise gemeistert hat. Auch die INTRA musste im vergangenen Jahr Kurzarbeit anmelden, was insbesondere für die psychisch kranken Angestellten eine große Belastung war. Friedhelm Maier erläuterte, wie wichtig Verlässlichkeit und Regelmäßigkeit für die Menschen in der INTRA sind und dass statt wochenlangen Schließungen auf verkürzte Arbeitstage gesetzt wurde.

Der Gang durch die Werkhalle zeigte, dass die INTRA jetzt wieder volle Auftragsbücher hat. 300 Industriekunden lassen hier die verschiedensten Metallteile fertigen und bearbeiten. Mit Freude und hoher Konzentration waren die Werker*innen und die vier auszubildenden Metallfeinbearbeiter*innen im Maschinensaal mit Drehen, Fräsen, Bohren und Gewindeschneiden beschäftigt.

Im anschließenden Rundgespräch erkundigte sich Sara Haug auch nach den anderen Einrichtungen der Schwarzwaldwerkstatt. Neben Inklusionsunternehmen INTRA, Rad & Tat und Cafesito, wo Sara Haug zu Mittag gegessen hatte, gehören in der Siemensstraße und der Riedsteige noch zwei Werkstätten für über 300 Menschen mit geistiger und psychischer Beeinträchtigung zur Schwarzwaldwerkstatt. Dort gehen sie individuell zwanzig unterschiedlichen Beschäftigungsarten nach.

Ralph Uth gab Sara Haug eine Aufgabe für Ihre künftige Arbeit im Bundestag mit auf den Weg: Menschen mit Beeinträchtigung brauchen besondere Unterstützung und Begleitung. Der Sprung von der Betreuung in die Eigenständigkeit – wie er durch das Bundesteilhabegesetz vorgesehen ist, vernachlässigt jedoch, dass dieser für viele Menschen mit geistiger Behinderung nicht ganz einfach ist. Viele wollten gerade nicht individuelle Leistungen, wie es das BTHG vorsieht, sondern pauschal versorgt werden.

Wie Geschäftsführer Uth, sieht auch Sara Haug ein großes Problem darin, dass momentan Nachhaltigkeitsprojekte, die gemeinnützige Unternehmen umsetzen, nicht gefördert werden.

Dornstetten hat Menschen mit Behinderungen schon immer stark unterstützt, betonte Bürgermeister Bernhard Haas. In den Sportvereinen, auf dem Stadtfest, auf der Straße begegnen sich Menschen mit und ohne Beeinträchtigung, man kennt sich, und die Wohnheime und Außenwohngruppen gehören einfach dazu. Sara Haug war sehr erfreut zu hören, dass die Boccia-Spieler*innen aus Dornstetten bei den Special Olympics regelmäßig hervorragend abschneiden.

Weitere Themen im Gespräch mit Bürgermeister Haas waren die hohen bürokratischen Hürden bei der Vergabe und Verlegung des Glasfasernetzes, die Ausschreibung für die Sanierung der Stadthalle nach dem VGV-Verfahren sowie die gute Kooperation von Schwarzwaldwerkstatt und DRK im Corona-Testzentrum.

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