Rede zum Haushaltsplan 2023 der Großen Kreisstadt Horb

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, werte MitarbeiterInnen der Stadtverwaltung, werte KollegInnen des Stadtrates!

Krieg in Europa, Coronapandemie, Klimakatastrophe und Energieversorgung, wir leben in bewegten Zeiten.

Zunächst aber sollten wir stolz sein, dass unsere Demokratie diese Herausforderungen besser bewältigt als andere Staatsformen. Uns Grünen wurde es gelegentlich schlecht vor lauter „Kröten schlucken“, es ist aber der große Vorteil einer Partei, dass sie das Gemeinwohl in ihrer ganzen Breite sehen und abwägen muss und sich nicht einzelne Aspekte herausgreifen kann. Der Braunkohleausstieg wurde auf 2030 vorverlegt, Frieden ist nicht in Sicht und nach wie vor ist „Freiheit das einzige, was zählt“. Demokratie ist die Kunst des Möglichen und an einem professionellen und pragmatischen Herangehen führt daher kein Weg vorbei.

Wir möchten uns bei allen in der Verwaltung, die sich zum Wohle dieser Stadt einsetzen, ausdrücklich bedanken. In besonderen Zeiten wurde im Team der Verwaltung Besonderes geleistet. Ein besonderer Dank gilt Herrn Huber, der zu Recht „Architekt der Horber Energiewende“ genannt wurde.

Finanziell kommen wir in Horb 2023 mit einem blauen Auge davon. Das Defizit des Haushalts in Höhe von etwa 2 Millionen Euro kann über Rücklagen ausgeglichen werden. Trotzdem muss die zukünftige Handlungsfähigkeit der Stadt im Blick bleiben. Diese bemisst sich aber nicht nur in Euro sondern auch der Lebensqualität in unserer Stadt. Wir bewilligen eine deutlich erhöhte Stellenzahl nicht nur im Bereich der Kindergärten und erhebliche Bau-Mehraufwendungen für Kindergärten. Stimmen vielen freiwilligen Leistungen zu, wie der Erhöhung von Aufwandsentschädigungen, der Unterstützung der Jugendarbeit, des Jugendgemeinderates und der Sozialarbeit.

Das Defizit im Haushalt bewegt sich im Bereich der Planungen des Jahres 2022, obwohl die Kreisumlage gesenkt wurde und Mehreinnahmen zu verzeichnen sind, das ist bedenklich. Für die Zukunft sind höhere Defizite zu erwarten, da unter anderem die geplanten Zuschüsse zum Bau einer möglichen Sporthalle am 14.12.2022 vom Bund abgelehnt wurden. Auch die geplante Zuschusshöhe des Landes dafür reduziert sich inzwischen um drei Millionen Euro. Zudem steht Horb schlecht da, was Zuschüsse über den Ausgleichstock betrifft, da es kaum Schulden hat. Das sind keine guten Aussichten.

Anstrengungen für den Klimaschutz müssen trotzdem höchste Priorität haben, denn wir haben in der Vergangenheit schon viel zu viel Zeit verloren. Die Stadt hat beim ökologisch richtigen Ausbau der Fernwärmenetze viel getan, trotzdem dürfen die Anschlusskosten der Abnehmer diese nicht überfordern.

Auch wenn einige lieber ein Atomkraftwerk im Garten haben wollen, klimaneutral wird Horb nur, wenn es, wie andere Gemeinden, beispielsweise im Hunsrück, endlich Windkraft bekommt und sich so finanziell saniert. Die Stuttgarter Zeitung nannte das ein „Windkraftwunder“. Der Regionalverband hat für den Ausbau der Windkraft die Planungshoheit. Im Sommer soll der Teilregionalplan Wind vorgelegt werden, der die Genehmigungsverfahren erheblich vereinfachen und verkürzen wird. Ab 2024 hat der Plan Rechtskraft und jeder darf bauen. Die Stadt Horb sollte sich die Filetstücke für Windräder vorher sichern und Bürger in die Finanzierung einbinden. Das muss ab jetzt vorrangige Aufgabe sein. Eine Erzeugungsquote von nur 40% des Eigenbedarfs beim Strom ist inakzeptabel.

Die Fortführung der Anstrengungen klimaneutrale Kommune zu werden, aber auch die Ausgaben für Kindergärten, der Bau eines zweiten Waldkindergartens, die Investitionen in unsere Feuerwehren, all das ist, wie es neudeutsch heißt, „alternativlos“. Boris Palmer lobte zu recht am Beispiel des Flusskraftwerks den Auftrag für die Kommunen, ökonomisch verantwortungsvoll aber auch ökologisch vorausschauend zu handeln, obwohl sich manchmal zunächst noch kein finanzieller Gewinn ergibt. Eine Aussage wie die zum Neubau des Mehrfamilienhauses der Wohnbaugesellschaft bei der Rundhalle: „eine PV Anlage lohnt sich nicht“, darf nicht mehr hingenommen werden. Die Hallenbadwärme muss ökologisch erzeugt werden.

Mehr Mut forderte ich für den Haushalt 2021, den brauchen wir weiterhin ganz besonders für die kommenden Jahre zusammen mit der Fertigstellung der Hochbrücke.

Wir brauchen nicht nur Mut, wir brauchen Visionen, Zukunftsvisionen für unsere Stadt. Hätte man diese in der Vergangenheit entwickelt, wäre Bosch-Rexroth – zugegeben unter hohem Aufwand und mit erheblichen Finanzmitteln – längst wie die Rettenmeier Mühle ins Industriegebiet umgesiedelt. Jetzt müssen wir unter Umständen den Sportplatz, eine Grünoase im Westen der Stadt, überbauen und haben an einem sonnigen städtebaulich bestens dafür geeigneten Ort keinen Platz mehr für Wohnbebauung. Stattdessen lassen wir am „Stadteingang Süd“ durch einen Architektenwettbewerb Ideen zur Bebauung entwickeln, obwohl wegen des dunklen halbjährlich beschatteten Nordhangs die Frage erlaubt sein muss, wer dort überhaupt investieren will.

Es wird auch Zeit, offen zu erklären, wieviel Verkehr man nach dem Bau der Brücke der Unterstadt in Zukunft noch zumuten will. Nur eine umfassend verkehrsberuhigte Unterstadt wird eine Entwicklungsvision für Horb eröffnen. Wie bereits öffentlich bekundet bleiben wir dabei: Neckar und Stadtsilhouette sind unser Trumpfkarten, machen wir mehr daraus! Entwickeln wir die Gartenschau mit neuen Ideen weiter, Markthalle mit Café am Neckar, Veranstaltungsgastronomie wie in Sigmaringen das Bootshaus, Aufwertung der Gebäude am Neckar beim alten Freibad, Kulturmeile am Neckar gegenüber der BA können Möglichkeiten dafür sein. Horb ist gut, Horb kann besser werden!

Erfreulich, dass es im Kasernenareal vorangeht. Es wird jetzt darum gehen, den Exerzierplatz zu einem lebendigen Lebensmittelpunkt zu entwickeln. Attraktivität, Lebensqualität und bezahlbares Wohnen sollten dort Schwerpunkte sein.

Es ist uns sehr bewusst, dass der Aufgabenberg, den die Verwaltung und der Gemeinderat als Entscheidungsträger vor sich hat, immens ist. Bisweilen wird die Frage gestellt, warum alles so langsam geht. Nach unseren Eindrücken gibt es dafür Erklärungen, die man auch kommunizieren sollte. Eine davon ist der auf Kante genähte Stellenplan. Im Fachbereich Stadtentwicklung scheint uns – wie schon im Vorjahr moniert – die Not besonders groß. Wie sonst können wir verstehen, dass es mit dem Radverkehrskonzept und anderen Planungen kaum weitergeht? Uns ist bewusst, dass für eine schnellere Bearbeitung auch Stellenmehrungen nötig sind. Viele Anträge von Fraktionen aus dem Gemeinderat liegen in der Warteschlange fest und warten, wie unser Antrag zum Ausbau des Ringmauerwegs, auf Bearbeitung. Das Vorgehen für den oberen Marktplatz und dem Café Kipp wurde auf unbestimmte Zeit verschoben. Das ist kein Dauerzustand.

Im Kulturbereich begrüßen wir die Anstrengungen der Verwaltung, Lösungen für die zukünftige Kulturarbeit der Stadt zu finden. Trotzdem macht uns die Zukunft des Projekt Zukunft Sorgen. Wir hoffen nach wie vor, dass ein Konzept entwickelt wird, mit dem die bunte Kulturarbeit fortgesetzt werden kann. Die Stadt wird um Aufgabenübernahmen und Kosten nicht herumkommen, denn „wenn die Kultur stirbt, stirbt auch das Land und wird Ödland, Blödland“, wie es Udo Lindenberg formulierte.

Vorberatungen hinter verschlossenen Türen halten wir nach wie vor nur in Ausnahmefällen für sinnvoll. Bürgerinnen und Bürger sollten erkennen, wie komplex oft die Sachverhalte sind und wie divers die sechs Fraktionen gestrickt sind.

Auch wenn wir uns in vielen Bereichen ein energischeres Vorgehen wünschen, die OGL ist mit den großen Linien des Haushalts einig und wird ihm zustimmen.

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